Scheinheiligkeit hat einen Namen

Die Spiellust war auch dieses Mal allen anzusehen, und von Lampenfieber spürte das Publikum nichts. Dazu hatte es auch keine Zeit, denn aus dem Lachen kam es so schnell nicht mehr ´raus. Insbesondere bei Jutta Schmitz als Oma Hagen blieb beim Publikum kein Auge trocken. Exzellent stellte sie die ältere, schwerhörige Oma, die an allem etwas auszusetzen hat, dar. Bereits ihr Kommen reichte, um sich zu amüsieren. In nichts nach stand ihr Monika Teutenberg, die Frau des Regisseurs, die mit perfekter schauspielerischen Leistung als “Mechthild Hagen” glänzte. Die Wandlung von der gestressten, gehorsamen Hausfrau zur selbstbewussten, attraktiven Karrierefrau setzte sie gekonnt in Szene. Als neue Werler Bügermeisterin dreht sie zu Haus den Spieß um: Ehemann Hans Hagen alias Dirk Manzke hat da nichts mehr zu lachen. Ganz im Gegensatz zum Publikum, das sich über dessen Hilflosigkeit im Haushalt prächtig amüsierte. Auch Theo Wächter als Reiner, Heinz Steinkötter als Gerhard Kluge und Matthias Köhler als Daniel überzeugten in ihren Rollen und hatten die Lacher auf ihrer Seite, ebenso wie Ingrid Meier als Reporterin und Gabi Pieper als Veronika, die Busenfreundin von Mechthild Hagen. (Westfalenpost)

Es ging um Politik und Emanzipation, um Rollenwechsel und Selbstfindung, um die immer noch aktuelle Frage nach dem richtigen Platz im Leben für Männer und Frauen. Das Ganze wurde verpackt in einer urkomischen Mischung aus vergnügten Wortspielen, verwickelter Situationskomik und temporeicher Spielkunst. Allen Akteuren schienen die entsprechenden Rollen auf den Leib geschrieben zu sein, sie fühlten sich sichtlich wohl in ihnen. Und gerade deshalb sprang auch schnell der Funke aufs Publikum über. Immer wieder wurde die Aufführung mit Zwischenapplaus unterbrochen. Doch weil bei früheren Spielzeiten noch mancher Gag genau darin unterging, stoppten die Darsteller jetzt versiert und brachten auch den letzten guten Spruch sicher beim Publikum an. (Werler Anzeiger)